Thiemo Eddiks

Beim letzten Event vom OCM hatte ich Thiemo nach einem Interview für meinen Blog gefragt. Fand er gut und ich habe einen Fragenkatalog geschickt. Somit kann ich jetzt ein ausführliches Interview mit Thiemo Eddiks, Gründer des Oldenburger Computer-Museum e. V. präsentieren. Viel Spaß beim Lesen.

24punkt: Das OCM kenne ich in erster Linie durch dich, Thiemo. Gib mir oder uns einen kurzen Überblick zur heutigen Struktur des Museums. Wer steckt heute hinter dem OCM?

Thiemo: Das OCM startete vor 15 Jahren durch meine Initiative und auf Grundlage meiner privaten Sammlung und sollte eigentlich nur eine dreiwöchige Ausstellung sein. Heutzutage gibt einen gemeinnützigen Verein mit rund 270 Mitgliedschaften und eine ca. 20-köpfigem Team.

24punkt: Man hat das Gefühl, noch nie war das Stichwort “Retro” mehr in den Köpfen der Menschen als heute. Überall Revivals und Retrowellen. Nicht nur im Technik Bereich, aber gerade da ist es deutlich spürbar. Konsolen Klassiker werden neu aufgelegt und die Community für Vintage PCs scheint gigantisch. Seid ihr sozusagen mit 15 Jahren am Markt Urheber dieser Welle, zumindest regional?

Thiemo: Sicher, bei Gründung war von diesem Hype noch nichts zu spüren. Den Anspruch einer Urheberschaft möchte ich für unser Museum indes nicht erheben. Ich freue mich, dass durch unsere Ausstellungen offenbar der Wert und die Entwicklung der digitalen Alltagskultur in den vergangenen Jahren mehr in den Fokus der Allgemeinheit gerückt ist.

24punkt: Euer Portfolio in der Ausstellung ist wirklich riesig. Welche Exponate fehlen? Was muss noch unbedingt ins Museum?

Thiemo: Geht diese Frage an den Sammler oder den Kurator? Der Kurator sieht großes Potential in der geplanten räumlichen Erweiterung des Museums im kommenden Jahre 2024. Neben dem bisherigen Portfolio wird es ab dann viele Sonderausstellungen geben, für die das ein oder andere Exponat sicher noch fehlt. Unter dem Link https://computermuseum-oldenburg.de/objektangebote/ findet sich eine aktuelle Liste der Desiderate. Aktuell z.B. Atari STacy – und auch Acorn Archimedes Systeme. Ganz speziell Gepard Systeme aus Oldenburg. Auch über ins Sammlungsspektrum (Elektronik der 1970er- 80er Jahre) passende Spenden außerhalb dieser Liste freuen wir uns immer sehr.

24punkt: Welches Exponat ist “dein” wertvollstes? A) aus finanzieller Sicht und B) aus emotionaler Sicht?

Thiemo: Es stehen ein paar Exponate im OCM, die original aus meinem Kinderzimmer kommen, z. B. ein MB Bigtack von 1979. Die sind mir die emotional nächsten. Aus finanzieller Sicht sind es vielleicht die SGI ONYX2, der NeXT Cube und die Apple Lisa.

24punkt: Welches Exponat (damit sind eher strombetriebene Geräte mit gemeint, die mechanischen Rechner sind bestimmt noch viel älter) ist das älteste im Museum? Hat das Gerät eine Geschichte, wie es zum Museum gekommen ist?

Thiemo: Das aktuell älteste strombetriebene Gerät in der Ausstellung ist tatsächlich gar kein Computer, sondern ein Teletype ASR 33 Fernschreiber. Dieser dient allerdings als Ein- und Ausgabegerät des ältesten Computers der Ausstellung, der digital PDP-8/e aus dem Jahr 1970.

24punkt: Hands-On heißt ja bekanntlich, alles ist funktionstüchtig und der Besucher darf die Ausstellungsstücke nutzen. Gibt es viele Ausfälle? Kommt es also altersbedingt zu Ausfällen? Oder vielleicht auch durch falsche Nutzung der Besucher?

Thiemo: Das hands-on-Prinzip ist Grundlage unserer gesamten Ausstellung. Jedes Exponat kann – und soll – aktiv benutzt werden. Hierbei kommt es hin und wieder natürlich zu Fehlbedienungen, aber die Geräte sind recht robust, so dass noch nicht häufig etwas ernsthaftes passiert ist. Gleichwohl unterliegen alle Systeme, Laufwerke und Fernseher einem Verschleiß, daher geht hin und wieder auch etwas kaputt oder es gibt Ermüdungsausfälle. Wir unterhalten im vorderen Bereich unserer Räume eine Schauwerkstatt, in der wir das Gros der Ausfälle wieder in den Griff bekommen.

24punkt: Sind auch schon Geräte im Museum ausgestorben? Also, Gerät XY (letzter seiner Art) quittiert seinen Dienst… ?

Thiemo: Zum Glück noch nicht!.

24punkt: Über 15 Jahre ist das OCM stetig gewachsen. Ihr seid mit kleinen Räumlichkeiten angefangen und betreibt jetzt eine Fläche mit regelmäßigen Öffnungen auf ca. 600 m². Wie geht es mit dem OCM weiter? Gibt es eine Grenze, über die ihr nicht gehen wollt? Anzahl der Ausstellungsstücke, Ausstellungsfläche, etc. oder ist für euch eher das Motto “the sky has no limit” passend?

Thiemo: Als gemeinnütziger und in der Freizeit betriebener Verein ist das Limit wohl immer die vorhandene (Frei)Zeit und Motivation der Team-Mitglieder. Nur gemeinsam können wir der Status Quo erhalten und sogar erhöhen. Dennoch planen wir seit einiger Zeit die oben bereits erwähnte Erweiterung der Ausstellungsfläche um rund 400m². Hier sollen Sonderausstellungen, Veranstaltungen, Vorträge, Podiumsdiskussionen und Schulunterricht ihren Platz finden.

24punkt: Gehen nur Hands-On Geräte oder würde bei seltenen Geräten auch eine Ausnahme gemacht werden? Bzw. gibt es Geräte, die lieber nur hinter die Scheibe einer Vitrine gehören?

Thiemo: Aktuell stellen wir drei Systeme hinter Glas, oder „Vitriniert“ aus. Diese sind zwar auch voll funktionstüchtig, zwei von ihnen verfügen aber nicht über ein Plasik-Gehäuse, es sind blanke Platinen. Daher sind sie für die freie hands-on-Ausstellug zu empfindlich. Es handelt sich dabei über ein MOS KIM-1 und ein Apple I Replik.

24punkt: Immer wieder veranstaltet das OCM Themenabende, tritt also eher als Veranstalter auf. Schon alleine durch die Interaktion mit den Exponaten wird es ja für Besucher besonders interessant. Wie wird zukünftig der Kompromiss zwischen Museum und Veranstaltungsort aussehen? Könnte es sein, dass es eine Abspaltung der Gaming Geräte gäbe und sowas wie eine Renaissance der früheren “Arcade Hallen” gibt?

Thiemo: Thementage dienen dem besonderem Fokus auf jeweils einen speziellen Aspekt unserer Ausstellungen. So gibt es beispielsweise Pixel-Art mit Bügelperlen, Thementage für Spielereihen (Sierra, Lucasarts, etc.) und es gibt die OCM-Play Tage, an denen unsere Arcade laufen. Die Ausstellung unserer Arcade- und Pinball-Geräte ist innerhalb des OCM etwas Besonderes: Diese Geräte sind besonders wartungsintensiv und haben ihr aktives Leben in einer Spielhalle oder ähnlichem verbracht. Daher veranstalten wir die OCM-Play quartalsweise. Sobald die neue Fläche zur Verfügung steht, werden sicher neue Veranstaltungsformate hinzu kommen.

24punkt: Ihr seid “Nachbarn” vom Hackspace. Gibt es da Kooperationen? Oder Synergieeffekte?

Thiemo: Die Synergieeffekte gibt es, denn diese Nachbarschaft ist kein Zufall. Es gibt gemeinsam in Leben gerufene Veranstaltungsreihen wie das CoderDojo, wir unterhalten einen gemeinsamen Pool als Tischen und Stühlen und sind auch gemeinsamer Gastgeber für Veranstaltungen z.B. der Wirtschaftsförderung Oldenburg.

24punkt: Was passiert mit Spenden, die nicht benötigt werden?

Thiemo: Vor Annahme von Spenden informieren wir uns sehr genau über deren Art und Beschaffenheit, daher nehmen wir keine Spenden an, die nicht in unser Sammlungsspektrum passen.

24punkt: Danke für das Interview, Thiemo!

Blick in die Ausstellung vom Oldenburger Computer Museum.

Hier noch ein paar wichtige Links:

Eddiks Grafik | Oldenburger Computer Museum